Review

Die Reporterin Amanda hat es nicht leicht. Sie arbeitet für eine kleine Fernsehsendung und soll zusammen mit ihrem Kameramann Pablo eine Reportage über eine Feuerwehrstation drehen. Dumm nur, dass die Reporterin nicht wirklich Interesse an dem langweiligen Job hat. Als der Notruf über eine geistig verwirrte Frau in der Feuerwehrstation eingeht, wittert die junge Reporterin Action und geht mit den Feuerwehrleuten zum Einsatzort. Doch am Einsatzort angekommen, kommt alles anders als erwartet. Die schier geistig verwirrte Frau beisst um sich und verbreitet ein schreckliches Virus in dem gesamten Wohnhaus. Das Militär setzt das Haus unter Quarantäne und die Eingeschlossenen sind allein mit den Infizierten...

Der spanische Horrorfilm hatte es im neuen Jahrtausend nicht leicht. Obwohl immer wieder gelungene Beiträge aus dem sonnigen Spanien kamen, konnte das Land trotzdem nicht die notwendige Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Gerade ein Regisseur versuchte dem Land im Bereich des Horror-Genres zu neuen Sprüngen zu verhelfen. Dieser Mann war der Regisseur Jaume Balaguero. Dieser drehte seit 1999 immer wieder überzeugende Horrorfilme, die international hohe Anerkennung bekamen. Trotzdem gelang es ihm nicht, den richtigen Zuender zu finden um Spanien als Horrorfilm Land bekannt zu machen. Irgendetwas fehlte den Spaniern scheinbar, etwas was die Franzosen bereits 2003 gefunden hatten. War es etwa der ultrabrutale Splatter der den Spaniern fehlte?

Ein weiterer spanischer Regisseur, der sich bereits im Horror-Genre versucht hatte, war Paco Plaza. Dieser hatte mit "Romasanta - Im Schatten des Werwolfs" einen sehr überzeugenden Werwolffilm abgeliefert, der sich auch international großer Beliebtheit erfreut hatte. Doch trotzdem gelang es auch diesem Regisseur nicht den Funken auszulösen. Er drehte auch einen Kurzfilm namens "X-Mas Tale" für eine spanische Horrorserie und bekam für diese Episode sehr viel Anerkennung. Doch außerhalb Spaniens erschien diese nur auf DVD und wurde deshalb kaum beachtet. Paco Plaza hatte also dasselbe Problem wie sein Kollege Jaume Balaguero. Denn es gelang ihm auch nicht, Spanien als Horrorfilm Land zu etablieren, und das trotz überzeugender Horrorfilme.

So kam es, dass sich die beiden talentierten Regisseure zusammensetzten, um gemeinsam eine Idee zu entwickeln. Wenn Spaniens aktuell beste Horror-Köpfe sich zusammentun, müsste doch ein wahres Horror-Meisterwerk dabei herauskommen, oder nicht? Zumindest war das die Idee der beiden Regisseure und sie diskutierten lange über ihr geplantes Projekt. Nach einigem Hin und Her stand für beide fest, dass sie einen Zombiefilm drehen wollten. Doch es sollte ein ganz besonderer Zombiefilm sein. Ein Zombiefilm der dem Publikum das Blut in den Adern gefrieren lassen wird. Die Frage war natürlich nur, wie man das anstellen wollte. Wie wollte man ein Genre wieder gruselig machen, dessen einzige Innovation in den letzten 20 Jahren "rennende" Zombies waren? Das war schon eine sehr harte Nuss die es zu knacken galt.

Doch wie es der Zufall so wollte, stießen die beiden Filmemacher auf die Horrorklassiker "Cannibal Holocaust" und "The Blair Witch Project". Beides Horrorfilme die per Handkamera gedreht wurden und in ihren Subgenres die gruseligsten Vertreter schlechthin darstellten. Das war doch genau DIE Idee, nach der man gesucht hatte. Wenn die Handkamera schon Kannibalen- und Hexenfilme gruselig machen konnte, was vermochte sie dann erst beim Zombiefilm zu erreichen? Zu jener Zeit entstand mit "The Zombie Diaries" der erste Handkamerafilm des neuen Jahrtausends und nahm die originelle Idee der beiden Spanier bereits vorweg. Doch möglicherweise war dies das Beste, was der Produktion "[REC]" passieren konnte. Denn die beiden Spanier entschlossen sich daraufhin für eine etwas andere Umsetzung. Statt einer Zombie-Apokalypse im Freien zu folgen, konzentrierten sie sich lieber auf eine Geschichte auf engstem Raum.

Die Dreharbeiten zu "[REC]" wurden anfangs ziemlich skeptisch von außenstehenden Leuten betrachtet. So gab es doch sehr viele Gegner des Handkamera Stiles. Doch außerhalb von Spanien blieb es dagegen ziemlich ruhig, da die Informationen über den Film kaum ins Ausland gelangten. Ein weiterer Grund war die Ankündigung und der Hype um den amerikanischen Handkamerafilm "Cloverfield". Dieser schuf um sich einen derart krassen, weltweiten Hype, dass "[REC]" regelrecht in Vergessenheit geriet und die Macher sich voll und ganz auf ihr Projekt konzentrieren konnten. Sie sorgten dafür, dass Spanien den Film "[REC]" nicht vergessen würde und dieser Plan ging auf. Als der Film die spanischen Kinos stürmte, wurde er zu einem UEBERWÄLTIGENDEN Erfolg. Den größten Erfolg den beide Regisseure je für sich verbuchen konnten. "[REC]" schaffte es fast weltweit in die Kinos und dürfte Spaniens Ruf als Horrorfilm Land endgültig etabliert haben. Manchmal zahlt sich Hartnäckigkeit halt doch aus.

Anders als die beiden Filme "Cannibal Holocaust" und "The Blair Witch Project" (den Film "Cloverfield" ziehe ich hier nicht als Vergleich mit ein, weil dieser erst NACH "[REC]" erschien) greift "[REC]" nicht die Idee des "gefundenen" Videomaterials wieder auf. Bei den beiden anderen FIlmen wusste man im Vorfeld, dass die Charaktere alle sterben würden, da es sich ja um gefundenes Filmmaterial handelte. "[REC]" geht dagegen einen erfreulich anderen Weg und lässt den Zuschauer so ziemlich im Dunkeln. Die Reportage könnte grad live im Fernsehen laufen und wir verfolgen sie mit. Wir wissen demnach nicht was passieren wird. Werden Charaktere sterben? Werden möglicherweise alle Charaktere sterben? Wir wissen es nicht und müssen uns auf diese verhängnisvolle Reportage einlassen, um Antworten auf diese Fragen zu erhalten. Bereits durch diesen cleveren Schachzug hat "[REC]" seinen beiden Konkurrenten so einiges voraus. Denn durch diese Unwissenheit bleibt die Spannungskurve konstant aufrecht.

Da wir den Film durch die Sicht eines erfahrenen Kameramannes sehen, gibt es hier kein so heftiges Gewackel wie noch beim "Blair Witch Project". Der Kameramann Pablo hält die Kamera sehr ruhig und glaubwürdig. Gerade die Bewegungen der Kamera verändern sich immer stärker im Laufe des Filmes und machen den Wahnsinn greifbarer. Anfangs dreht Pablo die Reportage gewohnt ruhig und man fühlt sich als Zuseher ziemlich wohl. Doch je weiter der Wahnsinn voranschreitet umso verwackelter werden die Bilder. Pablo ist in diesen Momenten nicht mehr der professionelle Kameramann, sondern ein gewöhnlicher Mensch, der um sein Leben rennt. Die Kamera wird immer unruhiger und mit der Kamera drückt sich auch das Publikum immer tiefer in den Sessel. Das Stilmittel, den Wahnsinn durch die Kamera auf das Publikum zu übertragen, ist definitiv gelungen und wenn die Kamera manchmal sogar komplett ausfällt, sitzt das Publikum ebenfalls im Dunkeln. Ganz große Klasse!

Neben dem beeindruckenden Einsatz der Videokamera kann auch der Schauplatz des grausigen Geschehens überzeugen. Wo die Zombiefilme der neuen Zombiewelle immer höher und weiter wollen, dem Kinopublikum immer apokalyptischere Szenarien zeigen wollen, geht "[REC]" zurück ins Innere. Der gesamte Schrecken spielt sich innerhalb eines alten Wohnhauses ab, wodurch bei so manch einem Zuschauer durchaus Platzangst entstehen könnte. Die gesamte Handlung spielt sich IM Haus ab und auch die Gefahr kommt aus dem INNERN des Hauses. Das ist für das Zombie-Genre eine kleine Revolution, wo die Bedrohung doch sonst immer von außerhalb kommt. Hier lauert die Bedrohung im Haus selber und die Protagonisten müssen einen Ausweg aus dem engen Gebäude finden. Das auf solch einem engen Raum es schwierig ist, sich vor den Zombies zu verstecken, dürfte wohl jedem klar sein. Dementsprechend treiben die Zombieattacken auch dem Zuschauer den Puls in ungeahnte Höhen.

Neben den schaurigen Bildern gibt es auch einen sehr schaurigen Sound. Der Sound aus "[REC]" gehört definitiv zum Besten was man jemals hören durfte. Wenn es ganz still im Treppenhaus wird, kann man die Zombies irgendwo im Treppenhaus herumwuseln hören. Oder wenn plötzlich das Licht im Treppenhaus ausgeht und man nichts mehr sehen kann, kann man sie hören. Man hört wie die Zombies immer näher kommen, doch man kann sie nicht sehen. Das treibt den Puls in unglaubliche Höhen und "[REC]" kann zurecht von sich behaupten, eines der besten Beispiele für gelungenen Filmsound zu sein. Denn manchmal erschrickt uns schon allein der Sound und das beweist der Film mit Bravour. Alleine die Schreie der Zombies gehen regelrecht durch Mark und Bein und wenn man diese Viecher auch noch vom weiten Herannahen hört, bekommt man regelrecht Angst davor, sie zu Gesicht zu bekommen.

Die Schauspieler spielen alle auf einem ziemlich guten und sehr glaubwürdigen Niveau. Vor allem Manuela Velasco als Reporterin Amanda weiß unglaublich zu überzeugen. Obwohl sie uns anfangs als Person vermittelt wird, die ihren Job nicht so wirklich leiden kann, entwickelt man sofort Symphatien für die junge Dame. Ihre Langeweile in der Feuerwehrstation macht sie uns symphatisch und sehr glaubwürdig. Umso erschreckender ist der Horror, der über diese Frau hereinbricht. Wenn der Horror erstmal losgeht, ändert sich das Verhalten von Frau Velasco und sie zeigt eine der überzeugendsten Darbietungen im Horror-Genre. Doch die Frau hats nicht nur schauspielerisch drauf, denn sie sieht auch megasüß aus und man mag kaum glauben, dass die Frau schon 33 Jahre alt sein soll. Die würde auch mit 23 Jahren durchgehen. Den ruhigen Gegenpart stellt Pablo dar, dessen Gesicht wir allerdings nie zu Gesicht bekommen. Aber seine Stimme zeugt ebenfalls von einem sehr hohen schauspielerischen Talent. Die anderen Schauspieler wissen leider nicht das Niveau der beiden Hauptdarsteller zu erreichen.

Die Effekte des Filmes können sich ebenfalls sehen lassen und haben sogar für den Gore-Freund einiges zu bieten. So gibt es blutige Fleischwunden, aufgeplatzte Gesichter und einige andere Nettigkeiten. Die Maskeneffekte sehen dabei immer sehr überzeugend und realistisch aus, wofür man die Maskenbildner echt nur loben kann. Auch bei den Zombies wurde ganze Arbeit geleistet. Diese kommen genauso blitzschnell daher wie die Kollegen aus "28 Days later" und erweisen sich als noch bösartiger. Das Make-up der Zombies ist sehr gut geworden und die Augen der Zombies wurden mittels Kontaktlinsen ziemlich aufgepeppelt. Dadurch lassen die Kreaturen selbst in ihren Augen schon etwas von dem Wahnsinn durchblicken, den die überlebenden Protagonisten durchmachen müssen. Ein ganz besonderer Effekt ist der schaurige Oberzombie im Finale des Filmes. Dies ist der wohl gruseligste Zombie der Filmgeschichte und die Effektecrew hat da ein Monster geschaffen, welches einfach nur unglaublich und umwerfend ist. Hut ab! Weiterhin ist die Entstehungsgeschichte der Zombies interessant, denn diese hats in dem Genre so bisher noch nicht gegeben und ist sehr einfallsreich.

Das gelungene Zusammenspiel von Handkamera, Sound, guten Schauspielern und überzeugenden Masken macht aus "[REC]" einen hochspannenden Film. Leider schafft es der Film, diese Hochspannung nicht konstant aufrecht zu erhalten. Gerade im Mittelteil besitzt der Film zuviel Leerlauf und verschenkt seine Möglichkeiten. So läuft die erste Hälfte des Filmes ungefähr folgendermaßen ab:

- Es passiert etwas, Hochspannung pur
- Danach viel Gequatsche und Langeweile
- Es passiert wieder etwas, wieder Hochspannung pur
- Danach wieder viel nerviges Gequatsche

Natürlich kann man diesen Leerlauf zwischen den Schockszenen nachvollziehen, da die Filmemacher auch die anderen Charaktere etwas beleuchten wollen, aber diese sind derart uninteressant, dass diese Szenen eher dem Filmfluss schaden.


Fazit

"[REC]" ist der wohl gruseligste Zombiefilm aller Zeiten. Die Spanier waren innerhalb der neuen Zombiewelle verdächtig ruhig und man fragte sich, ob sie die neue Zombiewelle verpennt haben. Dem war natürlich nicht so, denn die Spanier wollten sich mit einem Meisterwerk zurückmelden und das ist ihnen gelungen. Der Film ist Hochspannung pur und drückt den Zuschauer regelrecht in den Sessel. Das Stilmittel der Videokamera wird hier auf engstem Raum zelebriert und erreicht damit eine Intensität, die einfach nur unsagbar spannend und gruselig ist. Die wild umherschreienden Zombies tun da noch ihr übriges und der Oberzombie dürfte selbst dem abgebrühtesten Horrorfan die Nackenhaare zu Berge steigen lassen. Gruseliger sind die untoten Gesellen noch nie über die Leinwand gelaufen. Leider rasselt der Film knapp an der Höchstwertung vorbei, da er sich trotz kurzer Laufzeit zuviel Leerlauf gönnt. Diesen hätte man vermeiden MÜSSEN, da dieser den Zuschauer immer wieder aus dem Geschehen reisst. Dafür dreht "[REC]" in den letzten 15 Minuten nochmal so richtig auf und bietet eine wahre Tour de France! So gelang den Spaniern ein kleines Meisterwerk, welches leider unter einigen Kinderkrankheiten leidet. Aber aus filmhistorischer Sicht dürfte "[REC]" der bisher beste Vertreter der neuen Zombiewelle sein.
Der gruseligste Zombiefilm aller Zeiten!

09 / 10

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